Türen und andere „Türöffner“

Ich beginne meine Supervisions- und Coachingsitzungen in der Regel mit einer Ankommens- bzw. Eingangsrunde. Diese empfinde ich als ein wichtiges Ritual, das dem Übergang von dem Kontext, aus dem die Teilnehmenden gerade kommen (Freizeit, Dienst, Besprechung …), zu dem veränderten Kontext „Supervision“ Raum gibt. Es ermöglicht das Ankommen in der neuen Situation, indem die Teilnehmende sich einen Moment Zeit nehmen, um sich bewusst zu machen:

  • Wie geht es mir aktuell?
  • Was beschäftigt mich gerade – gedanklich und / oder emotional?
  • Was möchte ich hier heute besprechen?

In der Ankommensrunden erfahren die Teilnehmenden etwas voneinander. Aber auch für mich als Supervisorin / Coach ist dies eine hilfreiche Einstimmung, um einen Eindruck davon zu gewinnen: Wer sitzt da heute eigentlich vor mir?

Als sinnvoll erlebe ich es, die Fragen für die Eingangsrunden immer mal etwas anders zu formulieren und die Runden selbst methodisch unterschiedlich zu gestalten. Dies trägt nicht nur zu Abwechslung bei, sondern führt in der Regel zu einer besseren Focussierung der Teilnehmenden auf die gestellte(n) Frage(n) und mitunter auch zu ganz neuen Einblicken in das, was Jede und Jeden gerade bewegt.

Mit Blick auf den Jahresanfang arbeitete ich in den letzten Wochen z.B. in einigen Gruppen mit dem Symbol der Tür. Ein Freund hatte mir für 2017 einen Kalender mit selbst fotografierten Türen geschenkt. Die 12 Kalenderblätter mit den ganz unterschiedlichen Motiven breite ich nun jeweils zum Beginn der Sitzung im Raum aus und lud die Teilnehmenden ein zu schauen, welche Tür sie anspricht und dabei die Fragen im Hinterkopf zu haben:

  • Durch welche Tür(en) möchte ich in diesem Jahr gehen?
  • Welche Räume möchte ich mir erschließen? Auf welche bin ich gespannt?
  • Welche Tür(en) möchte ich schließen oder geschlossen halten?
  • Welche Tür möchte ich in der heutigen Sitzung näher betrachten?

Die Wahrnehmungen der verschiedenen Türen, die Assoziationen dazu und die Gedankengänge zu den gestellten Fragen waren so vielfältig und unterschiedlich wie die Teilnehmenden und die Gruppen. Manche konnte nur wenig damit anfangen und beschränkten sich darauf zu erzählen, was sie an der ausgewählten Tür schön oder ansprechend fanden oder woran sie sie erinnerte. Andere schlugen große Bögen bis hin zu kleinen oder großen Lebensthemen, die in den kommenden Monaten für sie anstehen. Wieder andere konzentrierten sich auf den beruflichen Aspekt und formulierten Fragen und Anliegen für die anschließende Themen- und Fallarbeit.

Insgesamt erlebte ich jede dieser Runden als sehr spannend und bereichernd für alle Beteiligten. Die Türen wurden selbst zu Türöffnern zum Innenleben der Teilnehmenden. Je nachdem, wie weit jede und jeder Einzelne diese Türen öffnen wollte, brachte sie die Anwesenden in z.T. sehr intensiven Kontakt miteinander.

Vorstellbar ist natürlich, die Türen auch in anderen supervisorischen Zusammenhängen zum Einsatz zu bringen, z.B. zum Beginn eines gemeinsamen Supervisionprozesses oder rückblickend darauf. Oder die Teilnehmenden wählen eine Tür aus mit Blick auf ein konkretes Thema oder einen zu bearbeitenden Fall.
Und vielleicht haben Sie ja noch ganz andere Ideen?

Auf jeden Fall waren – ganz unabhänig von der Methode – viele Teilnehmenden meiner Supervisiongruppen sehr angetan von den wunderschönen Fotografien, was die Tür zu einem Raum eines freundlich-freudigen Miteinanders während der Sitzung öffnete. Auch deshalb an dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank an meinen lieben Freund und Kollegen Markus Grünling für  das Ablichten der Türen.

Categories: Allgemein, Coaching, Denkanstöße, Supervision

1 Kommentar

  • Jürgen Friedrich Weißleder

    Jede Tür hat ihre Zeit.
    Jede Tür kennt ihre Passanten.
    Jede Tür könnte erzählen!
    Jede Tür übernimmt und speichert ein Teil der kinetischen Energie.
    Was sie daraus macht weiß kein Mensch,
    aber man kann mit ihr eine Beziehung aufbauen.